von Ulrich Lota

Jakobsweg: „Pilgern bedeutet ein Unterwegssein, das verwandelt“

500 Pilger aus dem Ruhrbistum beenden Bistumswallfahrt nach Santiago de Compostela. Ruhrbischof feiert mit den Gläubigen einen feierlichen Gottesdienst in der Kathedrale

„Ich bin dann mal weg!“ – so mancher der rund 500 Pilger aus dem Bistum Essen dürfte sich vor einer Woche sicher so schmunzelnd verabschiedet haben, um sich auf den Jakobsweg zu einem der berühmtesten Wallfahrtsorte der Welt zu aufzumachen: Santiago de Compostela. Wer wollte, konnte die letzten 120 Kilometer klassisch zu Fuß pilgern, andere zeigten sich sattelfest und steuerten das Ziel von Leon aus mit dem Fahrrad an, wieder andere verbanden die Pilgerreise mit einer interessanten und kurzweiligen Kulturtour mit dem Bus. Am Freitag, 19. Oktober, waren auch die letzten der insgesamt fünf Pilgergruppen in Santiago de Compostela eingetroffen und trafen sich erstmals zum gemeinsamen Abendgebet in der Kirche San Francisco. Abschluss und Höhepunkt der einwöchigen Bistumswallfahrt war am Samstagnachmittag (20. Oktober) eine feierliche Messe mit Bischof Franz-Josef Overbeck in der berühmten Kathedrale.

 „Ich bin dann mal weg!“ – Auch der Ruhrbischof griff den Titel des bekannten Buches von Hape Kerkeling in seiner Predigt auf und deutete ihn als einen „Hinweis auf Dynamik und Entschlossenheit, sich aus dem Alltäglichen hinaus in das Ungewöhnliche zu begeben“. Keine Frage: Vor allem die Fuß- und Fahrradpilger ließen bei diesen bischöflichen Worten die zurückliegenden Tage Revue passieren und erinnerten sich an so manche Strapaze auf den Teilstrecken, an Regen und Gegenwind, an schmerzende Füße, Knie oder Hüften oder die eine oder andere Blase. Um so glücklicher und zufriedener schienen jetzt alle, am Grab des Heiligen Apostels Jakobus Gottesdienst feiern zu können.

Wie schon bei vielen Gläubigen im Mittelalter sei das Ziel auch dieser Wallfahrt gewesen, einen Pilgerweg im Glauben zu gehen, so der Bischof, „mit Christus auf dem Weg“ zu sein. „Ich bin dann mal weg!“ – Das sei mit Blick auf die Wallfahrt nach Santiago de Compostela heute für viele nicht nur eine Formel, die vom Glauben und von seiner Reifung, von der Erfahrung der Kirche und der tragenden Gemeinschaft der Mitglaubenden spricht, so Overbeck weiter. „Für nicht Wenige ist dies auch ein Ausstieg aus dem Gewohnten, ein Weg, sich selber kennenzulernen, sowie ein Ausreizen der eigenen Fähigkeiten und Begrenzungen.“ Nicht umsonst sei der Pilgerweg in den zurückliegenden dreißig Jahren zu einer solchen Bedeutung gelangt.

Overbeck: „Wir Glaubende sind mit Christus auf dem Weg und zugleich mit unzähligen Menschen. Das ist unser Leben als Kirche heute. So werden wir reifere und tiefer berührte, wachsame und lernende Menschen, die die Wirksamkeit Gottes sowie die Nähe von Menschen erleben und anbei eine Sammlung erfahren dürfen, die ihnen zur Sendung wird. So sind auch wir nun in Santiago de Compostela angekommen.“

Das Motto „Ich bin dann mal weg!“ sei nicht nur ein Hinweis auf einen Aufbruch und ein Entfernen vom Gewohnten, betonte der Ruhrbischof. Zugleich sei es auch eine Einladung zu einem Unterwegssein, um heim- und anzukommen, nämlich bei Gott. „Pilgern bedeutet aufzubrechen, um nach Hause zu kommen, eben in der eigenen Identität als Christ anzukommen, die oft bunt wie das Leben ist, aber immer aus der tiefen Gemeinschaft mit Jesus selbst und ganz von ihm angezogen ist.“ Es gehe schlicht darum, das Pilgern als ein Unterwegssein zu begreifen, das verwandelt. Overbeck: „Diese Verwandlung braucht eine Kraft, die aus der Sehnsucht stammt und daran erinnert, dass wir hier in Compostela, nämlich auf dem Sternenfeld des Heiligen Jakobus, unsere Pilgerfahrt beenden.“

Am Ende des feierlichen Gottesdienstes in der Kathedrale kam auch das so genannte Botafumeiro, das große Weihrauchfass, zum Einsatz. Nachdem Bischof Overbeck den Weihrauch eingelegt hatte, brachten mehrere Männer in rotbraunen Roben das 1,50 Meter hohe und rund 50 Kilogramm schwere und an einem langen Seil befestigte Weihrauchfass in Schwingungen. Durch gleichmäßig rhythmisches Ziehen erreicht das Botafumeiro auf seiner Flugbahn fast die Decke und verteilt die Weihrauchwolken in der gesamten Kathedrale. Für alle Gläubigen immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel, das nicht die aufsteigenden Gebete der Pilger versinnbildlicht, sondern durchaus auch eine praktische Funktion hat: die unangenehmen Ausdünstungen so mancher weitgereisten Pilger zu überdecken.

Ein Abend der Begegnung und der Reisesegen von Bischof Overbeck setzten den Schlusspunkt der Bistumswallfahrt nach Santiago de Compostala, bevor am nächsten Tag alle Gruppen aus dem Ruhrbistum wieder die Heimreise antreten.

Mehr Eindrück der Bistumswallfahrt finden Sie auf der Instagram-Seite des Bistums.

Predigt Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Wortlaut (PDF):

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